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Zeitwertkonto: Ist auf nicht ausgezahlten Arbeitslohn Lohnsteuer zu erheben?

Der Einstieg in die Rente beginnt immer später. Viele sehnen sich daher nach einem vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben. Der Gesetzgeber hatte daher 2009 die Möglichkeit von Zeitwertkonten geschaffen. Hierdurch kann man Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum ansparen und später als Freizeit nutzen. Die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge werden erst in der Nutzungszeit fällig. Das Finanzgericht Thüringen (FG) musste darüber entscheiden, ob Lohnsteuer anfällt, wenn ein Teil des Gehalts nicht ausgezahlt wird, aber die Voraussetzungen eines Zeitwertkontos nicht erfüllt sind.

Bei der Klägerin fand im Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 30.06.2013 eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Dabei wurde festgestellt, dass bei einigen Arbeitnehmern keine Versteuerung von entstandenen und fälligen Gehaltsansprüchen erfolgt war. Die Klägerin hatte diese Beträge im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern nicht ausgezahlt, um sie später auf noch bei der A-Bank einzurichtende Zeitwertkonten einzuzahlen. Nach Ansicht des Finanzamts (FA) lösen Gutschriften auf Zeitwertkonten steuerrechtlich jedoch nur dann keinen Zufluss von Arbeitslohn aus, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese seien aber laut FA bei den Guthabenbeträgen bis zum 31.12.2009 nicht erfüllt, so dass Zufluss von Arbeitslohn vorliege.

Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich. Zwar müsse der Arbeitgeber beim Zufluss von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit Lohnsteuer einbehalten. Allerdings unterliege nur tatsächlich zugeflossener Arbeitslohn dem Lohnsteuerabzug. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fließe Arbeitslohn aber nur zu, wenn der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber erlange, wobei Zuflusszeitpunkt der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers sei. Das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten allein führe noch nicht zum Zufluss von Einnahmen bzw. Arbeitslohn. Die Klägerin habe die Beträge nicht an die Arbeitnehmer ausgezahlt, sondern diese einbehalten, um sie auf noch einzurichtende Zeitwertkonten einzuzahlen. Es liege keine besondere Konstellation vor, die einen Zufluss von Arbeitslohn begründe (z.B. Novation). Die Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Arbeitnehmern stelle auch keine Vorausverfügung der Arbeitnehmer über ihren Arbeitslohn dar. Es liege kein Zufluss von Arbeitslohn vor, so dass auch keine Lohnsteuerpflicht bestehe.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 10/2022)

 
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